
Nachdem wir uns bereits bei kurzen Treffen als Planungsteam des „LeoLAB“ konstituiert haben, sind wir am Dienstag in den Pfingstferien gemeinsam mit zwei Vertreter*innen der SV zur eine Reise an die → Richtsberg-Gesamtschule in Marburg aufgebrochen – die an diesem Tag glücklicherweise keine Ferien hatten, sodass wir tolle Einblicke gewinnen konnten. Die RGS, so wurde uns berichtet, entwickelt sich bereits seit vielen Jahren kontinuierlich hin zu einer Kultur- und Teamschule und die Kolleg*innen haben sich kurz vor Corona getraut, die Organisationsform eines verfächerten Stundenplans aufzugeben und projektbasierter und individueller (Stichwort: „Digividualisierung“) Lernen zu organisieren – viel kleiner als wir (ca. 600 SuS), aber mit einer vergleichbar bunten Schüler*innenschaft, allerdings ohne Oberstufe. Wir konnten uns die Räume, den „Unterricht“ und die Menschen dort anschauen, viele Gespräche führen und viele Eindrücke mitnehmen, was außerhalb des gewohnten Stundenplan-Rahmens möglich und machbar ist.
Mit diesen frischen Eindrücken sind wir dann vom 31.5. bis 2.6. mit einer Teamklausur so richtig in die Arbeit gestartet. Einerseits stand das Kennenlernen im Vordergrund. Begleitet durch eine externe Moderation haben uns über unsere Motive und unsere jeweiligen Ideen von Lernen ausgetauscht: Was sind unsere Werte, Hoffnungen, Ängste, inneren Hürden und Ressourcen? – Gemeinsam haben wir uns vergewissert, dass – obwohl wir eine Gruppe ganz unterschiedlicher Charaktere sind – wir in dieselbe Richtung streben. Wir haben erkannt, dass jede*r von uns verschiedene Stärken und Kompetenzen in das Team einbringt. Wir haben auch über unsere Kommunikation gesprochen – ein zentraler Punkt. Wir waren uns einig: wenn wir Wert darauf legen, eine wertschätzende, achtsame, klare und angstfreie Lernkultur zu entwickeln, gilt das auch für die Kommunikation untereinander und für den gesamten Prozess.
Auf diesem festen Fundament konnten wir dann am Donnerstag gemeinsam mit Vertreter*innen der SV und des SER inhaltlich tief einsteigen und haben uns mit Berichten und Konzepten von der Agora School in den Niederlanden, von der OBS Berenbostel in der Nachbarschaft und von der Richtsberg-Gesamtschule in Hessen auseinandergesetzt, alles Schulen, die sich auf den Weg gemacht haben, projektbasierter und individualisierender Lernen zu ermöglichen, allerdings mit sehr unterschiedlicher Ausprägung. Es ging uns dabei nicht darum, die Systeme miteinander zu vergleichen, sondern herauszufinden, was davon uns so inspiriert und überzeugt, dass wir es in dieses Projekt unserer Schule einfließen lassen wollen. Es ging aber auch darum, über diese Beispiele hinaus eigene, konkrete Vorstellungen zu entwickeln – und die Perspektive unserer Schüler*innen und Eltern mit einzubeziehen. Wir hatten uns echt (fast) zuviel für diesen Tag vorgenommen. Am Ende hatten wir eine umfangreiche Liste von Dingen, die wir alle in großer Einigkeit wollen (grün), die wir alle in großer Einigkeit nicht wollen (rot) und eine Liste von Dingen, über die wir uns noch unterhalten wollen (gelb).
Am dritten Tag schließlich führten wir die Ergebnisse der Vortage zusammen und entwickelten gemeinsam buchstäblich die ersten Bausteine für die kleine Schule in unserer großen Schule. Auf einem Wertefundament stehend, haben wir uns auf erste (und sehr wenige) organisatorische Eckpunkte geeinigt. Die Mauern und Säulen, die u.a. die konkreten Lerninhalte, der Lernmethodik und die Raumgestaltung darstellen, werden uns in den nächsten Wochen intensiv beschäftigen.
Ein ganz spannender Prozess zeigte sich beim Aushandeln von Namen und Bezeichnungen, was wir auch noch in diesen Tag quetschen wollten. In der Nachreflexion der Tage an unserem regelmäßigen Dienstag drauf, wurde uns klar, dass wir da etwas schnell waren, nicht ganz einig und dass wir uns über Namen und Bezeichnungen im Laufe des Prozesses klarer werden müssen, je klarer die Formen werden, die das Projekt annimmt. Nehmt also alle Worte, die ihr jetzt lest und hört und mit denen wir das Projekt beschreiben und betiteln, erstmal nur als vorläufige Begrifflichkeiten an und nagelt uns nicht darauf fest oder interpretiert zuviel Bedeutung hinein – Branding ist ein komplexer Prozess, lernen wir 😉
Schließlich waren wir am vergangenen Dienstag bei den Jahrgangsleitungen eingeladen und hörten dabei vor allem zu: was für Sorgen gibt es hinsichtlich der Auswirkungen, die das Projekt kurzfristig auf die vor allem unteren Jahrgänge haben könnte, welchen Rahmen und Spielraum setzen uns die Jahrgangsleitungen. Da wir noch so sehr am Anfang stehen, ist dieses Zuhören für uns elementar, damit wir diese Gedanken, Anregungen und Sorgen mit in die Gestaltung einfließen lassen können. Wir sind uns dabei unserer Rolle sehr bewusst: wir sind Teil der erfahrenen Leonore-Goldschmidt-Schule, wir haben einen Auftrag, ein alternatives Lern-/Unterichtsmodell zu entwickeln, in das alle die Erfahrung dieser großen Schule einfließt und das in einem geschützten, kleinen Rahmen für die gesamte Schulgemeinschaft sichtbar erprobt werden kann. Dabei hoffen wir, dass dieses Projekt gedanklich ein Projekt der ganzen Schule wird, dass es von Kolleg*innen, Eltern und Schüler*innen mitgetragen wird und sich ein Vertrauen in uns als Planungsgruppe entwickelt. Nur gemeinsam kann ein solches Vorhaben gelingen – wenn sich möglichst viele mit ihren Stärken und Ideen einbringen und erfahren, dass es sich lohnt zu investieren.
Wir möchten euch kontinuierlich auf dem Laufenden halten, euch informieren und eine Rückmeldung einholen. Dazu entwickeln wir gerade unterschiedliche Formate: digitale (ein Blog), persönliche (eine regelmäßige Sprechstunde), analoge
(Print, Ausstellungen, etc..). Zur Sprechstunde können wir jetzt schon sagen, dass wir uns für den Rest des Schuljahres dienstags in der 1. großen Pause im Lernbüro (rotoranges Gebäude, 2. Etage) immer zur Verfügung stellen: für Fragen, Anregungen, Kritik oder einfach zur Diskussion – für euch alle, Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern und alle dazwischen.