
Der Gedenktag war für mich, wie eine Zeitreise in die Fußstapfen der wenigen mutigen Personen, die sich für den Widerstand einsetzten.
Diese Worte bringen die Holocaust-Gedenkfeier am 27. Januar gut auf den Punkt.
Seit der 90er Jahren wird deutschlandweit an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht. An diesem Tag im Jahre 1945 vertrieb die Rote Armee das brutale Naziregime aus Auschwitz und beendete ein Grauen unvorstellbaren Ausmaßes. Die Bilder von den Überlebenden und die Spuren der Toten, die in den Konzentrationslagern gefunden wurden, lassen das Leid dieser Millionen von unschuldig gequälten Menschen nur erahnen. Damit diese Menschen nicht vergessen werden, und ihr Schicksal nicht von wem auch immer angezweifelt werden kann, darum erinnern wir und lassen uns von Geschehnissen von damals berühren.
„Ich fand es sehr schön und wichtig, dass immer wieder erinnert wird. Vor allem aber die Schweigeminute hat mich beeindruckt, als es plötzlich ganz leise wurde, da habe ich angefangen nachzudenken“. Dies bringt die diesjährige Gedenkfeier gut auf den Punkt. Wie jedes Jahr veranstalteten der Bezirksrat und der Bezirksbürgermeister Andreas Markurth zusammen mit Schüler*innen der IGS Leonore Goldschmidt und dem Ökumenischen Kirchencentrum diese Gedenkstunde. Dieses Jahr stand sie unter dem Motto: „Auch wenn du allein dort stehst“ – ein Zitat von Sophie Scholl, die mit zwei weiteren Menschen aus dem Widerstand gegen das Nazi-Regime zu Wort kommen sollten: Der katholische Priester Maximilian Kolbe, der anstelle eines Familienvaters in den Tod gegangen ist. Und der evangelische Theologie Dietrich Bonhoeffer, der aktiv am Widerstand gegen Hitler beteiligt war. Sophie Scholl selbst war eine Studentin, die mit ihrem Bruder in der Weißen Rose Flugblätter gegen die Nazis verteilt hat. Sie alle sind am Ende umgebracht worden. Wir haben bewegende Darstellungen ihrer Leben von den Schüler*innen gehört. „Dies war herzerwärmend und bestätigte, wie wichtig dieser Tag des Erinnerns auch heutzutage noch ist.“ Uns allen war deutlich, was für Vorbilder diese Drei für uns bis heute sein können. Keine Helden, aber doch mutig, gegen das Unrecht einzustehen und für die Schwachen einzutreten und für sie zu kämpfen. Auch auf das Risiko hin, selbst in Gefahr zu geraten. Getragen wurde diese Gedenkstunde von der beeindruckenden Musik und dem Gesang, die uns unter die Haut gegangen sind. Soraya Asadbeck sang ein vertontes Gedicht von Dietrich Bonhoeffer, das er Silvester 1944 kurz vor seiner Hinrichtung in der Todeszelle verfasst hat. „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Die Namen Bonhoeffer, Scholl, Kolbe und vieler anderer, die auf dem Mühlenberg keine Unbekannten sind, weil Einrichtungen, Kirchen oder Straßen nach ihnen benannt sind, haben in dieser Stunde eine Stimme bekommen. Das ist wichtig auch für den Mühlenberg, wo selbst bis Kriegsende ein Konzentrationslager stand, in dem Zwangsarbeiter eingesperrt waren und für Hanomag oder andere Konzerne arbeiten mussten. Als sichtbares Zeichen der Erinnerung wurde am Ende noch ein Kranz an der Gedenktafel draußen nahe dem Eingang zur Stadtbahn niederlegt. Solche Grausamkeit und Menschenverachtung dürfen nie wieder geschehen. Dafür müssen wir alle kämpfen, gegen fake facts und rechte Parolen, gegen Rassismus und Diskriminierung – und selbst dann, wenn wir auch mal allein dort stehen.
Dank an die Mitwirkenden der LEOGOS:
Samuel Afolabi
Soraya Asadbeck
Dawid Chmielinski
Dawor Degen
Benedict Hartsch
Ruth Hoferichter
Angelina Pawel
Janik Roennike
Lara Scholl
Orkan Tekbacak
Stefan El Karsheh